Stakeholdermanagement: Wahrnehmung und Anerkennung im Projektmanagement

Der Begriff Stakeholder ist im Projektmanagement allgegenwärtig – wird jedoch oft unscharf verwendet.
Wörtlich übersetzt bedeutet Stakeholder:
- Stake = Einsatz, Anteil oder Anspruch
- Holder = Eigentümer oder Inhaber
Stakeholder sind damit Personen oder Gruppen, die ein berechtigtes Interesse am Projektergebnis haben oder maßgeblich daran beteiligt sind.
Im Projektkontext zählen dazu unter anderem:
- Kunden
- Auftraggeber
- Management
- Fachbereiche
- Lieferanten
- Behörden
Ein professionelles Stakeholdermanagement beginnt nicht bei Maßnahmen, sondern bei der Wahrnehmung und Anerkennung der beteiligten Personen.
Kommunikation auf zwei Ebenen
Jedes Gespräch zwischen Projektmanager und Stakeholder findet auf mindestens zwei Ebenen statt:
- Sachebene – Inhalte, Fakten, Termine, Ergebnisse
- Beziehungsebene – Erwartungen, Bedürfnisse, Status, Anerkennung
Der erfolgreiche Projektmanager unterscheidet dabei bewusst zwei Zielarten im Gespräch:
- Aktivziel
- Passivziel
Aktivziel und Passivziel – ein praktisches Beispiel
Ein fordernder Kunde möchte ein Dokument zur Zulassung eines Teilprodukts besprechen.
Aktivziel des Projektmanagers
- Inhalte fachlich korrekt und vollständig erarbeiten
- Zulassung sicherstellen
- Projektplanung und Meilensteine nicht gefährden
Passivziel des Stakeholders
- Wahrgenommen und ernst genommen werden
- Serviceorientierte Behandlung
- Bestätigung seiner Rolle als Kunde
Erst wenn beide Ziele berücksichtigt werden, entsteht eine tragfähige Gesprächsbasis.
Das bewusste Steuern dieser beiden Ebenen ist ein zentraler Bestandteil professioneller Kommunikationsstärke im Projektmanagement.
Stakeholder einschätzen – Bedürfnisse erkennen
Um das Verhalten von Stakeholdern besser vorherzusehen, vergleicht der Projektmanager eigene Bedürfnisse mit denen des Stakeholders.
Dieser relative Vergleich ermöglicht es, risikoreiche Gesprächsbereiche frühzeitig zu erkennen und gezielt zu umgehen.
Typische Bedürfnisse, die im Stakeholdermanagement eine Rolle spielen:
- Anerkennung und Status
- Macht und Einfluss
- Selbstrespekt
- Einzigartigkeit
- Planung und Kontrolle
- Kompetenz
- Gestaltung und Umsetzung
- Forschen und Wissen
- Neugier und Abwechslung
- Sinnhinterfragung
- Für etwas Größeres arbeiten
- Harmonie
- Stabilität und Sicherheit
- Existenzangst
- Unabhängigkeit und Freiheit
Der Projektmanager bewertet dabei nicht absolut, sondern relativ:
Wem ist welches Bedürfnis wichtiger – mir oder meinem Stakeholder?
Vorgehen in der Praxis
Gerade zu Beginn empfiehlt es sich:
- den Vergleich zunächst mit einer vertrauten Person zu üben
- die eigenen Bedürfnisse bewusst zu reflektieren
- anschließend die Bedürfnisse des Stakeholders einzuschätzen
So bleiben die eigenen Eigenschaften präsent, während die Einschätzung des Stakeholders differenzierter erfolgt.
Mit zunehmender Übung wird dieses Vorgehen zu einem intuitiven Bestandteil von:
- Stakeholdermanagement
- Projektsteuerung
- Konfliktlösung
- Change Management
Der Nutzen für das Projekt
Ist die Wahrnehmung der Stakeholderbedürfnisse gelungen, können herausragende Ergebnisse erzielt werden:
- Aktivziele werden konsequent verfolgt
- Passivziele der Stakeholder werden respektiert
- Gespräche verlaufen harmonischer
- Widerstände werden reduziert
- Entscheidungen werden beschleunigt
Der Projektmanager kann in angenehmer Gesprächsatmosphäre auch schwierige Themen adressieren, ohne die Beziehungsebene zu belasten.
Fazit
Professionelles Stakeholdermanagement bedeutet nicht, allen gerecht zu werden.
Es bedeutet, Menschen zu verstehen, Bedürfnisse zu erkennen und Kommunikation bewusst zu gestalten.
Wer Wahrnehmung und Anerkennung gezielt einsetzt, schafft Vertrauen – und genau dieses Vertrauen ist die Grundlage für stabile Projekte, verlässliche Entscheidungen und nachhaltigen Projekterfolg.

