Eskalationsprotokoll im Projektmanagement – Eskalationen methodisch führen

Warum Eskalationen im Projektmanagement notwendig sind
Ist ein Prozess oder ein anderer Vorgang in der Organisation gestört und gefährdet den Projekterfolg, ist der Projektmanager gefordert, aktiv einzugreifen.
Gerade an der Systemgrenze zwischen Projektorganisation und Linienorganisation entstehen häufig Reibungen, die sich nicht allein operativ lösen lassen.
Eskalationen sind dabei kein Zeichen von Scheitern, sondern ein notwendiges Instrument professioneller Projektsteuerung. Entscheidend ist, wie eskaliert wird. Um diesen Vorgang strukturiert und zielgerichtet zu führen, nutzt der Projektmanager ein Eskalationsprotokoll.
Das Eskalationsprotokoll – Struktur statt Emotion
Das Eskalationsprotokoll fasst alle wesentlichen Informationen einer Eskalation kompakt zusammen und ermöglicht:
- Transparenz über Ursprung und Verlauf
- klare Benennung offener Punkte
- sachliche Grundlage für Gespräche
- Nachvollziehbarkeit für Führungskräfte
Damit wird die Eskalation von einer emotionalen Auseinandersetzung zu einem methodischen Instrument im Projektmanagement.
Typische Eskalationsursachen
Häufig liegt der Auslöser einer Eskalation nicht in einzelnen Personen, sondern in:
- unterschiedlichen Arbeitsweisen
- widersprüchlichen Zielsystemen
- unklaren Verantwortlichkeiten
- Konflikten zwischen Projekt- und Linienorganisation
Um diese Komplexität zu erfassen, betrachtet der Projektmanager die beteiligten Arbeitsbereiche bewusst getrennt und nimmt unterschiedliche Perspektiven ein.
Das Eskalationsmodell: Drei Dimensionen
Für Gespräche mit Projektmitgliedern, Linienverantwortlichen und Management nutzt der Projektmanager ein einfaches, aber wirkungsvolles Eskalationsmodell mit drei Dimensionen:
1. Eigene Fehler
- unklare Kommunikation
- unzureichende Planung
- falsche Priorisierung
Diese Dimension ermöglicht Selbstreflexion und stärkt die eigene Glaubwürdigkeit.
2. Fremde Fehler
- nicht eingehaltene Zusagen
- fehlende Ressourcen
- mangelnde Unterstützung
Diese Dimension adressiert sachlich die Verantwortung anderer Beteiligter.
3. Systemfehler
- ungeeignete Prozesse
- widersprüchliche Zielvorgaben
- strukturelle Überlastung
Systemfehler sind häufig der eigentliche Kern der Eskalation – und zugleich der wirkungsvollste Ansatzpunkt für nachhaltige Lösungen.
Lösungsfindung mit psychologischem Feingefühl
Bei der Verhandlung von Lösungswegen achtet der erfolgreiche Projektmanager darauf, dem Gegenüber bestimmte Reaktionsmöglichkeiten zu eröffnen.
1. Gesicht wahren
Dem Gegenüber wird ermöglicht, die Ursache im System zu verorten – auch wenn dadurch eigene Fehler verdeckt werden.
Diese Vorgehensweise entspricht dem Prinzip der „Goldenen Brücke“: Nur wer eine Rückzugsmöglichkeit hat, ist bereit, seine Position zu verlassen und zur Deeskalation beizutragen.
2. Held sein
Wird das System als Ursache identifiziert, kann eine erfahrene Führungskraft oder ein Linienverantwortlicher als „Retter“ auftreten:
- durch Prozessanpassungen
- durch Ressourcenfreigaben
- durch klare Priorisierung
So wird aus einer Eskalation eine Rettungsaktion, die Projekt und Organisation gleichermaßen stärkt.
3. Optional: Eigene Verantwortung zeigen
Abhängig von Situation und Stimmung kann der Projektmanager bewusst eigene Anteile benennen:
- welches Verhalten künftig angepasst wird
- welche Lehren gezogen wurden
Kombiniert mit der Bitte, das eigene Anliegen vortragen zu dürfen, eignet sich dieser Ansatz auch als Einstieg in ein Eskalationsgespräch.
Einordnung im professionellen Projektumfeld
Das Eskalationsprotokoll unterstützt:
- strukturiertes Eskalationsmanagement
- sachliche Konfliktlösung
- wirksames Stakeholdermanagement
- Change Management an Systemgrenzen
- nachhaltige Projektsteuerung
Es schafft Ordnung in emotional aufgeladenen Situationen und ermöglicht Entscheidungen auf Managementebene.
Fazit
Eskalationen lassen sich im Projektmanagement nicht vermeiden – wohl aber professionell gestalten.
Das Eskalationsprotokoll hilft, Konflikte:
- zu strukturieren
- zu entemotionalisieren
- lösungsorientiert zu verhandeln
So wird aus einer Eskalation kein Machtkampf, sondern ein Impuls zur Verbesserung – für das Projekt und für die Organisation.

